Der Terroranschlag hier in Berlin macht mich unglaublich betroffen und traurig. Ich bin in Gedanken bei den Opfern und ihren Angehörigen. Und es bleibt für mich unfassbar, wie man solch eine schreckliche Tat begehen kann. Warum Menschen so hassen können, dass sie es für den richtigen Weg halten, Menschen zu vernichten, werde ich nie verstehen. Hier muss und wird der Rechtsstaat mit all seinen Mitteln greifen.
Ich werde allerdings auch nie verstehen, wie so ein Vorfall sofort als Anlass genommen werden kann, gegen Flüchtlinge- also schutzsuchende Menschen – zu hetzen. Mit einer fast schadenfrohen „Seht-ihr-wir-haben-es- ja-gewusst“-Manier werden tausende Menschen über einen Kamm geschert und als gefährlich gebrandmarkt. Damit werden erneut Vorurteile befeuert und versucht, uns Menschen gegeneinander aufzubringen. Widerlich! Mit viel zu vereinfachenden Worten und Schlussfolgerungen wird versucht, die Welt zu erklären, wird schwarz-weiß gemalt. Das ist verheerend, denn so funktioniert die Welt nicht. Und genauso ein Verhalten und Denken macht alles nur noch schlimmer.
Zur Ehrlichkeit gehört: solche Anschläge, solche Taten werden sich leider nie komplett verhindern lassen. Auch nicht mit mehr Videoüberwachung im öffentlichen Raum, einer sicherlich angeratenen besseren Vernetzung und Zusammenarbeit der Geheimdienste, einer personell verstärkten Polizei usw. Auch davon werden sich Terroristen nicht von ihren Taten abhalten lassen.
Was bleibt nach dem Anschlag noch? Ich habe keine Angst und ich habe auch nicht das Gefühl, dass Berlin Angst hat. Berlin trauert, aber Berlin ist auch mutig. Die Menschen hier lassen sich nicht beirren, schon am Morgen nach dem Anschlag brummt die Stadt so wie immer. Ich fahre mit den Öffentlichen quer durch die Stadt und bemerke: Es herrschen Trauer und Betroffenheit vor, aber niemand lässt sich dadurch in seinem Alltag einschränken oder begrenzen. Und das ist genau richtig!
Die Trauerfeier in der Gedächtniskirche ist bewegend. Sie wird über Lautsprecher auf den dunklen, brach liegenden Weihnachtsmarkt mit seinen geschlossenen Buden übertragen und überall verharren Menschen jeder Religion, jeden Alters, jeder Nationalität, in der Dunkelheit – gemeinsam vereint in Trauer, in schweigender Andacht und Gedenken an die Opfer. Gemeinsam. Das macht mir Mut. Wir lassen uns nicht durch einfache Antworten gegeneinander aufbringen. Berlin steht zusammen.
Ein bewegendes Jahr geht damit bedrückend zu Ende. Für mich ist klar: wir brauchen mehr Menschlichkeit, mehr Offenheit, mehr Dialog miteinander und mehr Verständnis. Obwohl es in Tagen wie diesen und einem Jahr voller Terror, einer kälter werdenden Gesellschaft, angstbehafteten Vorurteilen und wachsender Ablehnung allen Fremden gegenüber schwer ist, lass ich mir nicht die Hoffnung nehmen, dass wir in 2017 wieder aufeinander zugehen und gemeinsam für eine friedliche, hilfsbereite und vielfältige Gesellschaft einzustehen. Ich wünsche allen ein frohes, gesundes und friedliches neues Jahr!