Meine Rede zur Versorgung von LongCovid-und PostVac-Patienten

By | 25. September 2023

Versorgung von LongCovid-und PostVac-Patienten verbessern – ein Thema, was mit sehr am Herzen liegt und für das ich schon lange kämpfe. Endlich haben wir als Koalition am Donnerstag einen Antrag eingebracht, der fordert, in Berlin zusätzliche Anlaufstellen für Betroffene zu schaffen. Das freut mich sehr. Denn das ist endlich ein erster Schritt in die richtige Richtung für eine schnellere und umfassendere Behandlung der betroffenen Menschen, die wir mit ihrem Schicksal nicht alleine lassen dürfen.

Über unseren Antrag und meinen Standpunkt hat auch der Tagesspiegel berichtet. Den entsprechenden Artikel finden Sie hier [externer link].

Hier können Sie sich meine Rede im Abgeordnetenhaus ansehen:

 

Und hier meine Rede in der schriftlichen Fassung:

Frau Präsidentin,

meine Damen und Herren,

die Corona-Pandemie hat viele Menschen sehr belastet. Das haben wir wohl alle gespürt und wir konnten es lesen in den vielen E-Mails, die uns erreichten. Mich haben die verschiedenen Sorgen und Ängste sehr berührt. Es waren ganz unterschiedliche Dinge, die die Menschen bewegt haben:

–             Die Einsamkeit in den Pflegeheimen in der Zeit der Besuchsverbote

–             Die Überforderung Homeschooling und Homeoffice gleichzeitig bewältigen zu müssen

–             Die Angst um die Gesundheit der Angehörigen

Viele dieser Themen haben sich heute erledigt. Aber ein Thema, hat sich ganz und gar nicht erledigt und verursacht sehr schwere Schicksale. Es sind die direkten gesundheitlichen Folgen einer Corona-Infektion. Und zwar die, die nicht schnell wieder verschwinden. Sondern die, die lange bleiben, vielleicht für immer. Long Covid. Diese Corona-Folge hat seinen Schrecken nicht verloren. Im Gegenteil. Es zeigt sich immer deutlicher, mit was für einem gewaltigen Problem wir es hier zu tun haben.

Etwa 10% der Infizierten sind betroffen. In ganz Deutschland sind es wohl mindestens 1 Millionen Menschen. Das ist eine ungeheure Zahl. Und wir müssen uns klar machen: das sind 1 Millionen Schicksale. Eine Millionen Menschen, die mit Symptomen, Einschränkungen, Belastungen und sehr viel Unsicherheit leben müssen. Ein Großteil der Unsicherheit resultiert daraus, dass die Medizin noch wenig über diese Erkrankung weiß. Eine Million – das ist weit mehr als bei vielen anderen chronischen Krankheiten, bei denen eine solch schlechte und oft vom Glück oder Zufall abhängende Versorgung wie derzeit bei LongCovid, undenkbar wäre.

10% der an Corona erkrankten Diese Menschen leiden anhaltend an Folgen der Corona-Infektion. Warum sie betroffen sind, warum gerade bei ihnen Corona kein Schnupfen sondern eine lebensveränderte Krankheit ist, ist unklar. Niemand weiß, wie man sich vor einem solchen Verlauf schützen kann und welche Faktoren ihn begünstigen.

Erste Forschungsergebnisse zeigen leider, dass das Risiko für LongCovid auch bei mehrfacher Infektion nicht abnimmt. Jeder Mensch, der sich in den kommenden Wochen und Monaten mit Corona infiziert, ist dem Risiko LongCovid ausgesetzt.

Die Schwere dieser Erkrankung variiert und die Symptome sind sehr unterschiedlich. Ebenso ist es bei PostVac. Gemeinsam ist allen Patientinnen und Patienten, dass sie leiden, dass sie auf Behandlung warten und hoffen. Noch gibt es keine Medikamente oder eine ursächliche Therapie. Um diese zu entwickeln, bedarf es Forschung und einer verlässlichen öffentlichen Finanzierung dieser.

Insgesamt ist leider zu sagen, dass die Behandlungssituation auch heute, im Jahr 3 nach Ausbruch der Pandemie, noch unzureichend ist: Es gibt zu wenige Hausärzte, die sich umfassend mit dem Krankheitsbild beschäftigen. Es fehlt den Ärzten an Zeit für die aufwendige Betreuung von LongCovid-Patienten. Es gibt viel zu wenige Spezialambulanzen. Es fehlt an Wissen. Behandlungspfade sind nicht definiert, was Betroffene orientierungslos lässt. Und Gelder für die Forschung werden nur sehr zögerlich freigegeben.

Das Corona-Virus bleibt, es wird nicht wieder verschwinden. Das zeigen auch die aktuell wieder ansteigenden Infektionszahlen. Wenn Corona bleibt, muss die Versorgung und Behandlung von damit zusammenhängenden Krankheiten über das Regelsystem funktionieren und finanziert werden. Ich sehe hier die KV und die Krankenversicherungen in der Pflicht. Nach meinem Empfinden erfüllen sie den Anspruch nach einer umfassenden, patientenorientierten, interdisziplinären Versorgung aktuell noch nicht. Bei diesem Befund kann es die Politik aber nicht belassen. Wir müssen handeln, wenn die Regelsysteme noch nicht zufriedenstellend arbeiten.

Wir als Politik müssen regulierend und ergänzend eingreifen und dafür sorgen, dass es mindestens temporär zusätzliche Versorgungskapazitäten gibt. Wir müssen dafür sorgen, dass Forschung finanziert wird. Wir müssen dafür sorgen, dass die Betroffenen durch diese schwierige Phase bedürfnisorientiert begleitet werden. Ich weigere mich zu akzeptieren, dass LongCovid-Erkrankte 12 Monate auf einen Termin in einer Spezialambulanz warten müssen. Ich finde es unhaltbar, dass LongCovid-Betroffene, die oftmals ihr Leben sowieso nur noch mit größter Kraftanstrengung bewältigen können, allein gelassen werden bei der Suche nach Spezialisten, beim Koordinieren der vielen Termine und auch die soziale Absicherung nicht geregelt ist.

Unser Anspruch ist es zu handeln, zu helfen und zu zeigen, dass niemand vergessen wird. Mit diesem Antrag, der im Übrigen durch die Wiederholungswahl leider eine Genese von 1,5 Jahre hinter sich hat, gehen wir auf einem langen Weg jetzt einen Schritt in die richtige Richtung. Dieser Antrag soll die Versorgungslage für Betroffene in Berlin verbessern und ein Zeichen für die betroffenen Menschen und Familien sein, dass ihre Bedürfnisse wahrgenommen werden.

Ich freue mich, dass neben uns als Fraktionen auch die jetzt zuständige Gesundheitssenatorin bei diesem Thema Handlungsbedarf erkennt und im Haushaltsentwurf bereits erste Mittel vorgesehen hat. Gut, dass jetzt endlich was passiert. Es ist schon viel zu viel Zeit verloren gegangen.

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