Kontrovers diskutierten die Referenten und ca. 40 Reinickendorfer Gäste am Freitag (23.03.18) im Café „Maya & Callas“ zum Thema Videoüberwachung. Anlass dazu gab meine Einladung zur Veranstaltung „Sicherheit am Franz-Neumann-Platz und darüber hinaus – Ist permanente Videoüberwachung eine Lösung?“.
SPD-Fraktionschef Raed Saleh, der den erkrankten Innensenator ersetzte, sprach sich für eine differenzierte Form der Überwachung auf öffentlichen Plätzen aus, die je nach Gefährdungsgrad unterscheidet und bedarfsabhängig eingesetzt werden kann. Rechtsprofessor Fredrik Roggan kritisierte demgegenüber, Videoüberwachung nütze wenig, wenn es darum geht Sicherheit herzustellen. Zudem hält der Jurist den Gesetzesentwurf des aktuellen Volksbegehrens für die Ausweitung von Videoüberwachung für problematisch. Er stünde mit höherrangigem Recht, z.B. dem Grundgesetz, in Konflikt. Ganz anders sieht das die Gewerkschaft der Polizei (GdP), die durch ihr Vorstandmitglied Steve Feldmann vertreten war. Feldmann berief sich auf die Erfahrungen der Berliner Verkehrsbetriebe, die durch eine flächendeckende Videoaufzeichnung zur Aufklärung vieler Straftagen bereits beitragen konnte. Außerdem betonte er die Abschreckungswirkung, die Kameras auf potentielle Straftäter ausüben können. Moritz Koch vom Aktionsbündnis „ENDSTATION“, das sich gegen den Ausbau von Überwachungstechnologien engagiert, hielt dagegen: Er sieht in einer umfassenden Videoüberwachung die Gefahr, dass sich zukünftig alle Menschen quasi selbst zensieren und sich vor den Kameras stets nur so verhalten, wie sie denken, dass der Staat es von ihnen verlange. Diese Konformität stellt für ihn eine grundlegende Bedrohung für die Demokratie dar, denn sie schränke Freiheiten ein.
Als Ergänzung zu dieser Diskussion stellte Hauptkommissar Jens Schroeder, dessen Dienstabschnitt u.a. für den Franz-Neumann-Platz zuständig ist, die Sicherheitssituation in Reinickendorf-Ost dar und machte deutlich, dass der Franz-Neumann-Platz trotz der Berichte über Drogenkriminalität kein im engeren Sinne „kriminalitätsbelasteter Ort“ sei, wie es im Polizeijargon heißt. Zum Beispiel habe die umfassende Präsenz seiner Kolleginnen und Kollegen vor Ort im Dezember und Januar dazu geführt, dass im Februar bereits weniger Drogendelikte und deren Begleitkriminalität gemeldet wurden.
Auch unter den gut vierzig Gästen der Veranstaltung wurde hitzig diskutiert: Der Aufruf zum Opferschutz, Misstrauen gegenüber automatisierter Videoauswertung und die Sorge um Sicherheitslücken im System waren nur einige der genannten Stichwörter.
Meiner Meinung nach brauchen wir einen Kompromiss, um eine Balance aus Sicherheit und Freiheit herzustellen. Also, keine flächendeckende Überwachung und keine Gesichtserkennung, denkbar wären für mich mehr Videokameras dort, wo besonders viele Straftaten passieren. Diese Orte kann nur die Polizei bestimmen, kein Volksbegehren. Und: Das alleine reicht nicht! Gleichzeitig brauchen wir mehr Polizisten, die vor Ort präsent sind und im Idealfall auch wieder Personal der BVG bzw. der S-Bahn auf den Bahnhöfen. Mit solch einer Doppelstrategie können wir das Sicherheitsgefühl der Berliner steigern und uns davor schützen, den gläsernen Bürger zu erschaffen.
Meine Pressemitteilung zur Veranstaltung können Sie unter diesem Link finden.
Fotos: SPD-Fraktion Berlin