Meine Rede zum beschlossenen Gesetz zur Schulgeldfreiheit in Gesundheitsfachberufen

By | 28. Januar 2023

Das Abgeordnetenhaus hat am 26. Januar 2023 in zweiter Lesung das „Gesetz über die Förderung von Gesundheitsfachberufsausbildungen“ beschlossen, dass wir als rot-grün-rote Koalition eingebracht haben. Das freut mich wirklich sehr, dafür habe ich lange gekämpft!

Hier können Sie sich meine Rede im Abgeordnetenhaus ansehen:

 

Und hier meine Rede in der schriftlichen Fassung:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren ! Manchmal sind es die Details, die einen großen Unterschied machen. So ist es für Azubis ein riesiger Unterschied, ob sie mo-natlich mehrere Hundert Euro Schulgeld zahlen müssen oder eben nicht.

Für das Leben der Auszubildenden ist das eine entscheidende Frage. Sie entscheidet darüber, ob sie nebenbei noch arbeiten müssen und damit kaum Zeit für Freizeit oder zum Lernen haben. Sie entscheidet darüber, wie viel Geld sie während der Ausbildung zur Verfügung haben. Sie entscheidet darüber, ob sie mit Gelassenheit oder eben dem nagenden Gefühl finanzieller Unsicherheit in die Ausbildung gehen. Und sie hat einen großen Einfluss darauf, ob eine Berufsausbildung attraktiv empfunden wird und sich junge Menschen dafür entscheiden, einen Beruf im Gesundheitswesen anzustreben.

Und weil das eben so ist, ist es keine Kleinigkeit, das Schulgeld in den Gesundheitsberufen in Berlin abzuschaffen. Es ist ein großer Schritt für die vielen Schülerinnen und Schüler und ein wichtiger Schritt hin zu mehr Gerechtigkeit in der Bildung. Wir beenden die Ungerech-tigkeit, dass man in Gesundheitsberufen, anders als zum Beispiel in kaufmännischen Berufen oder auch im Medi-zinstudium, Geld für die Ausbildung bezahlen muss. Wir tun damit etwas gegen den Fachkräftemangel in all diesen wichtigen Berufen und sorgen für einen höheren Stellenwert dieser Berufe in unserer Gesellschaft.

Mit dem eingebrachten Gesetz über die Förderung von Gesundheitsfachberufsausbildungen hat die Koalition einen guten und stringenten Weg beschritten, die Schul-geldfreiheit in den Gesundheitsberufen sicherzustellen. Und – ich habe es gerade erwähnt, dass Details oft einen Unterschied machen – wir halten Wort. Das Schulgeld entfällt nun rückwirkend ab dem 1. Januar 2022, weil es eben für viele Azubis kein kleines Detail, sondern ein großer Unterschied ist, ob sie ab dem 1. Januar oder erst acht Monate später, ab dem 1. September kein Schulgeld mehr bezahlen müssen.

Wir sind sogar noch einen Schritt weitergegangen. Ich freue mich sehr, dass wir neben den Physio- und Ergo-therapeuten und den Logopäden nun auch die Podologen, Medizinischen Bademeister und die Pharmazeutisch-technischen Assistenten in die Schulgeldfreiheit mit ein-beziehen.

Die Fraktionen der Koalition haben schon sehr lange deutlich gesagt, dass die Schulgeldfreiheit in Berlin schnell kommen muss. Die Senatsverwaltung hat jedoch leider etwas zögerlich agiert. Einen Teil der Verzögerung haben wir jetzt wiedergutgemacht, und wir haben gemeinsam im Abgeordnetenhaus dafür gesorgt, dass der Gesetzesentwurf innerhalb von sechs Wochen beraten und dann heute beschlossen wird.

Für uns Sozialdemokraten ist aber auch klar, dass es noch weitere große Baustellen bei den Gesundheitsfachberufen gibt. Die Schulgeldfreiheit ist nur ein Baustein, um die Attraktivität dieser Berufe zu erhöhen und ihnen den Stellenwert zu geben, den sie verdient haben. Dies ist uns als Sozialdemokraten sehr wichtig. Wir wollen den Gesundheitsberufen wirklich greifbare Anerkennung geben, jenseits des berühmten Klatschens. Das ist dringend erforderlich, und zwar für uns alle, denn im Gesundheitswesen fehlen an allen Ecken und Enden Fachkräfte. Das schränkt schon heute eine gute Versorgung ein.

Laut des Verdi „Ausbildungsreports Pflegeberufe“ waren bei einer Umfrage unter Pflegefachkraftazubis nicht einmal 43 Prozent mit ihrer Ausbildung zufrieden. Das ist deutlich weniger als in anderen Ausbildungsberufen. Mit so einem Wert werden wir Probleme bekommen, den Fachkräftebedarf zu sichern. Hoher Zeitdruck, mangelnde Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, fehlende Pausen, zu viele Überstunden sind Gründe für diese Un-zufriedenheit. Wir haben hier noch viel zu tun, wenn wir auch langfristig sicherstellen wollen, dass alte Menschen und erkrankte jederzeit und ohne Einschränkung die individuell nötige Gesundheitsversorgung erhalten.

Unser Ziel ist es, Ausbildung und Beruf so attraktiv zu gestalten, dass wir dauerhaft genügend Menschen finden, die diese für uns als Gesellschaft wichtigen Berufe ausü-ben wollen und gerne dort arbeiten. Wir müssen wegkommen von der Schlechterstellung der Berufsausbildung im Gesundheitswesen im Vergleich zu anderen Berufsausbildungen. Wir brauchen nicht nur die Schulgeldfreiheit, wir brauchen auch eine Ausbildungsvergütung in den Gesundheitsberufen.

Wir müssen sehr genau prüfen, ob die generalistische Ausbildung zur Pflegefachkraft in der Realität funktioniert, oder ob hier Nachbesserungsbedarf besteht, zum Beispiel indem der Spezialisierung mehr Gewicht gegeben wird. Gleichzeitig müssen wir auch im neuen Studiengang Pflege die Bedingungen attraktiver gestalten. Hier muss mindestens der Praxiseinsatz der Studierenden in den Einrichtungen angemessen vergütet werden.

Natürlich müssen auch die Arbeitsbedingungen in den Gesundheitsberufen weiter verbessert werden. Es müssen mehr Möglichkeiten der Entlastung für die Mitarbeitenden gefunden werden – dauerhaft.Es ist also noch einiges zu tun. Wir wollen und werden das in dieser Legislaturperiode angehen. Berlin braucht eine starke Kraft, die sich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitswesens einsetzt. Die SPD-Fraktion hat sich in den letzten Jahren als diese Kraft bewiesen und viel Positives in den Arbeitsbedingungen auf den Weg gebracht, und so werden wir weitermachen.

Die Berlinerinnen und Berliner haben also die Wahl. Sie können am 12. Februar entscheiden, ob die Gesundheits-versorgung und vor allem die Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen weiter Priorität haben sollen. Wir stehen weiter bereit, jeden Tag für Verbesserung zu arbeiten. – Vielen Dank!

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