Meine Rede zur Änderung des Heilberufekammergesetzes

By | 6. Mai 2024

Es mag für viele nach einer Kleinigkeit klingen: Wir passen das Heilberufekammergesetz an EU-Vorgaben an. Was eine reine Formalität sein könnte birgt aber mehr, als es oberflächlich erscheint. Denn durch einen Änderungsantrag haben wir als Koalition einen Satz streichen lassen, der es bislang den Berliner Psychothjerapeutinnen und -therapeuten als einzigem verkammerten Beruf und noch dazu einzig in Berlin untersagte, ein eigenes Versorgungswerk zu gründen oder sich einem bestehenden anzuschließen. Damit werden wir eine einzigartige Ungleichbehandlung abschaffen, Altersarmut verhindern und darüber hinaus die Bedingungen für 3.000 Berliner Psychotherapeutinnen und -therapeuten verbessern. Das habe ich auch in meiner Rede am 2. Mai im Berliner Abgeordnetenhaus deutlich gemacht.

Hier die Rede im Video:

 

Und hier die Rede im Wortlaut:

Herr Präsident!

Meine Damen und Herren!

Wir sprechen heute über das Erste Gesetz zur Änderung des Berliner Heilberufekammergesetzes. Der Senat hat das eingebracht, weil das EU-Recht einige kleine eher formale Änderungen das Heilberufekammergesetzes erfordert. Bei Nichtumsetzung droht eine Klage vor dem EuGH inklusive Strafzahlung, und dies gilt es natürlich zu vermeiden. Mit dem Änderungsgesetz wird das Berliner Heilberufekammergesetz an geänderte bundesrechtliche und europarechtliche Regelungen angepasst. Wie gesagt: All das ist nötig.

Das Thema klingt erst einmal nicht besonders spannend und nicht danach, dass man als Fraktionen diesen Vorgang als Priorität auswählt. Warum haben wir das dennoch gemacht? – Weil hinter dem so bürokratisch klingenden Gesetz aufgrund einer Initiative der Koalition sehr viel mehr steckt, als man auf den ersten oberflächlichen Blick vielleicht zu erkennen vermag. Die Koalition hat die Gelegenheit beim Schopf gepackt und über einen Änderungsantrag eine wirklich bedeutungsvolle Veränderung des Gesetzes gleich mit auf den Weg gebracht. Formal geht es dabei um eine Kleinigkeit, um das Streichen eines kurzen Satzes. Wir wollen mit dem Änderungsantrag den § 90, die Stichtagsregelung, ersatzlos streichen und es damit der Berliner Psychotherapeutenkammer endlich ermöglichen, nach 20 Jahren ein Versorgungswerk für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten auf den Weg zu bringen oder sich einem bestehenden anzuschließen.

Dies ändert für die betroffene Berufsgruppe in Berlin sehr viel. Es bedeutet für die freiberuflich tätigen Therapeutinnen und Therapeuten eine deutliche Verbesserung in der Altersversorge, bei Berufsunfähigkeit und in der Hinterbliebenenvorsorge. Dies ist für die niedergelassenen Therapeutinnen und Therapeuten ein wichtiger Schritt gegen Altersarmut. Selbstständig tätige Mitglieder eines freien verkammerten Berufs unterliegen nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht und müssen daher privat vorsorgen. Wir verbessern nun die Möglichkeit für ihre Altersvorsorge, und wir beenden Ungleichbehandlung, zum einen zwischen den Kammern der Heilberufe in Berlin und zum anderen innerhalb dieses Berufs in Deutschland. Die Psychotherapeuten sind der einzige verkammerte Heilberuf in Berlin, dem die Gründung eines Versorgungswerks bislang untersagt war, und dies begründet mit einer Stichtagsregelung, nach deren Ablauf weitere Gründungen von Versorgungswerken nicht mehr möglich waren. Die Berliner Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten konnten jedoch ihre Kammer erst 1999, zwei Wochen nach dem Stichtag, gründen. Zum anderen gibt es in allen anderen Bundesländern Versorgungswerke für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten.

Selbst wenn man die gesetzliche Rentenversicherung stärken will, überzeugt es nicht, das ausschließlich über die Berliner Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten machen zu wollen. Natürlich ist es langfristig erstrebens- und auch wünschenswert, dass wir für alle Berufstätigen eine einheitliche Rentenversicherung haben. Die politischen Bemühungen auf Bundesebene, dies in naher Zukunft realistisch umzusetzen, halten sich aber sehr in Grenzen. Daher ist nicht nachvollziehbar, warum lediglich den 3 000 freiberuflichen Berliner Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten die Möglichkeit eines eigenen Alterssicherungssystems bisher rechtlich untersagt war. Das ist weder gerecht noch solidarisch, noch hilft es der gesetzlichen Rentenversicherung maßgeblich weiter.

Unsere Aufgabe ist es, mit sinnvollen Regelungen Altersarmut zu verhindern. Im Beruf der niedergelassenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten arbeiten anteilsmäßig mehr Frauen als Männer. Erwerbsbiografien von Frauen sind oftmals geprägt durch Teilzeit, Kindererziehungszeiten und Pflegezeiten. Es ist hier also besonders wichtig, Regelungen zu finden, die das Risiko der Altersarmut minimieren.

Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten brauchen wir dringend. Wir wollen die Bedingung für diesen Beruf daher attraktiver gestalten. Die Berliner Psychotherapeutenkammer fordert die gesetzliche Möglichkeit für ein Versorgungswerk seit über 20 Jahren. Mehrere Hundert Berliner Therapeutinnen und Therapeuten haben sich in den letzten Wochen per E-Mail oder per Brief mit genau dieser Forderung an uns gewendet. Die Streichung dieses einen kurzen Satzes im Heilberufekammergesetz ist also formal ein kleiner Akt. Für die rund 3 000 niedergelassenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Berlin ist das aber ein großer und ein lang erhoffter Schritt hin zu einer guten Altersvorsorge. Ich freue mich, dass wir diesen Schritt jetzt gehen. – Vielen Dank

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