Berlin wächst – mit entsprechenden Folgen: In vielen Kiezen wohnen mehr Menschen auf weniger Raum, mehr Menschen sind auf Berliner Straßen unterwegs, verbringen ihre Freizeit in Parks und auf Spielplätzen. Dadurch wächst auch der Müllberg, der entsorgt werden muss. Alleine in den letzten sechs Jahren hat die BSR mehr als 130.000 Kubik-meter illegalen Sperrmüll von den Straßen geholt. Das hat 25 Millionen Euro gekostet.
Das Berliner Müll-Problem hat viele Ursachen: Wohnstraßen in sozialen Brennpunkten werden mitunter seltener gereinigt als Villen-Viertel und Pracht-Boulevards. Viele haben kein Auto, um Sperrmüll zum kostenlosen BSR-Recyclinghof zu bringen. Nicht jeder hat das Geld, um einen Mietwagen oder die BSR für die Abholung des Sperrmülls zu bezah-len. Firmen pfeifen auf die hohen Entsorgungskosten für Sondermüll. Der unterwegs achtlos weggeworfene Müll und liegengelassene Hundehaufen runden das Bild ab. Eine Metropole wie Berlin ist keine Kleinstadt, in der stündlich die Gehwege gebohnert werden. Das aber mit einem Achselzucken hinzunehmen, ist inakzeptabel.
Verwaltung macht es zusätzlich kompliziert: Für die Reinigung von Parks sind die Bezirke zuständig, nicht die BSR. Automatische Sperrmüll-Touren gibt es nicht mehr. Die Ordnungsämter müssen jeden einzelnen Haufen der BSR zur Abholung melden. Straßen werden nicht immer nach Bedarf gereinigt, sondern unterliegen einzelnen Reinigungs-klassen. Oft werden einzelne Abschnitte einer Straße unterschiedlich häufig gereinigt. Eine Wissenschaft für sich.
In den vergangenen Jahren hat sich einiges getan: Die BSR reinigt jetzt zehn ausgewählte Parks. Die Kotbeutel sind Pflicht für Hundebesitzer. Es gibt das Online-Ordnungsamt, mit dem voriges Jahr 27.000 Sperrmüll-Haufen gemeldet wurden.
Aber das reicht nicht. Die Berlinerinnen und Berliner wollen in sauberen Kiezen leben. Es ist an der Zeit, dem Müll endlich den Kampf anzusagen. Deshalb fordern wir ein Gesamt-konzept, an dem sich alle verantwortlichen Behörden und Institutionen (Senatsverwaltungen, Grünflächen- und Ordnungsämter in den Bezirken, BSR) beteiligen.
Wien macht es vor: Eine Großstadt kann den Kampf gegen Müll gewinnen.
Mit folgenden Maßnahmen:
- Bessere Reinigung: Eine ausreichende, regelmäßige öffentliche Reinigung und bessere Möglichkeiten, Müll zu entsorgen.
- Mehr Kontrollen und härtere Strafen: Stärkere Kontrollen durch eine „Müll-Polizei“ und härtere Strafen für die, die sich nicht an Gesetze halten.
- Mehr Gemeinsinn und Rücksichtnahme: Schärfung des Bewusstseins und der Motivation der Berlinerinnen und Berliner, den Müll, Sperrmüll oder Hundekot nicht einfach liegen zu lassen oder illegal zu entsorgen.
Unser Maßnahmenpaket für ein sauberes Berlin
Bessere Reinigung
- Das Pilotprojekt „Reinigung von ausgewählten Parkanlagen“ ist perspektivisch auf alle besonders stark genutzte Grün- und Waldflächen sowie Parkanlagen auszuweiten. Hierfür ist mit den Bezirken eine Liste zu erarbeiten, welche Grün- und Waldflächen sowie Parkanlagen zur Reinigung an die BSR übergeben werden. Diese Liste wird regelmäßig aktualisiert.
- Die zentrale, kostenlose Sperrmüllabholung wird zwei Mal jährlich wiedereingeführt, damit der Müll erst gar nicht auf der Straße landet.
- Zukünftig wird jährlich festgelegt, welcher Reinigungsturnus jeweils in welchen Straßen(abschnitten) für die nächsten 12 Monate gilt. Bei Bedarf kann auch zwischen der nächsten Festlegung eine Höhergruppierung erfolgen, wenn verstärkt Hinweise eingehen, dass der derzeitige Reinigungszyklus nicht ausreicht.
- Die BSR macht regelmäßig einen Mülleimerscan, um den weiteren Bedarf an Mülleimern im öffentlichen Straßenland, in Grün- und Waldflächen sowie Parkanlagen zu ermitteln bzw. zu ergänzen und zerstörte Mülleimer zeitnah zu ersetzen.
- Die Öffnungszeiten der kostenlosen BSR-Recyclinghöfe werden in den Abendstunden und vor allem am Wochenende ausgeweitet.
Mehr Kontrollen und härtere Strafen
- Angelehnt an das Modell der Stadt Wien führen die Ordnungsämter sog. „Waste Watcher“ ein, die kontrol-lieren, dass Müll nicht auf die Straße geworfen und die Kotbeutelpflicht eingehalten wird. Zukünftig sollen Aufgaben, die mit dem Thema Sauberkeit zu tun haben, in einer entsprechenden Abteilung in den Ordnungsämtern gebündelt werden. Die „Waste Watcher“ sind nicht nur dafür zuständig, illegale Sperrmüllhaufen aufzuspüren, deren Beseitigung bei der BSR zu beauftragen, die VerursacherInnen zu ermitteln und entsprechende Ordnungswidrigkeitsverfahren einzuleiten. Sie sollen auch z.B. dafür sorgen, dass die Kotbeutelpflicht durchgesetzt wird. Entsprechend werden zusätzliche, zweckgebundene Stellen in den Bezirken geschaffen. Ferner soll ermöglicht werden, dass die entsprechenden MitarbeiterInnen der Ordnungsämter auch nach 22 Uhr und auch in zivil auf Streife gehen können.
- Das Regelverwarngeld und das Regelbußgeld bei Verstößen gegen das Berliner Kreislauf- und Abfallgesetz (Müll, Sperrmüll) sowie gegen das Berliner Straßenreinigungsgesetz (Kotbeutelpflicht) werden jeweils erhöht.
Mehr Gemeinsinn und Rücksichtnahme
- Die BSR führt eine Öffentlichkeitskampagne durch, deren Ziel es ist, das Bewusstsein in der Bevölkerung zu stärken, den im öffentlichen Straßenland produzierten Müll, Abfall, Sperrmüll und Hundekot ordentlich zu entsorgen. Denn wir alle tragen Verantwortung für unsere Kieze.
- Die App „Ordnungsamt Online“ ist in diesem Zusammenhang zu bewerben. Zudem führt die BSR eine Smartphone-App ein, die alle Standorte für Mülleimer, Aschenbecher und Recyclinghöfe anzeigt.
Wir werden diese Vorschläge unserer Fraktion und der Koalition vorschlagen und uns dafür einsetzen, dass das Thema „Sauberes Berlin“ zu einem Schwerpunkt der Haushaltsberatungen 2018/2019 im Berliner Parlament wird.
Joschka Langenbrinck, MdA, Mitglied des Vorstandes der SPD-Fraktion
Clara West, MdA, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion
Franziska Becker, MdA, Mitglied des Vorstandes der SPD-Fraktion
Tino Schopf, MdA, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion
Bettina König, MdA, Mitglied des Vorstandes der SPD-Fraktion
Berliner Zeitung vom 19.7.2017 – Kommt bald die österreichische Müll-Polizei nach Berlin?
B.Z. vom 19.7.2017 – Berlin will von Wien lernen, wie eine saubere Stadt Wirklichkeit wird