Aufstiegsqualifizierung unterstützen – Recht auf Weiterbildung durchsetzen

By | 17. September 2019

In der Plenarsitzung am 12. September 2019 ging es um die Übernahme der Gebühren für die Meisterprüfung durch das Land Berlin. Ich habe deutlich gemacht, dass Bildung von der Kita über die Ausbildung bis zur Uni kostenfrei sein muss, weil ich das für eine  staatliche Aufgabe halte. Dies schließt auch die berufliche Bildung ein. Hier gibt es bereits diverse Förderinstrumente, wie das Aufstiegs-Bafög und die Meistergründungsprämie. Und genau hier gilt es für weitere Verbesserungen anzusetzen. Zudem halte ich ein Recht auf Weiterbildung für erforderlich. Nur so können Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gerade in tarifungebundenen Unternehmen ihren Wunsch auf Weiterbildung gegenüber ihren Arbeitgeber durchsetzen.

 

Hier finden Sie das Video meiner Rede:
https://www.rbb-online.de/imparlament/berlin/2019/12–september-2019/12-september-2019—46–Sitzung-des-Berliner-Abgeordnetenhauses/bettina-koenig–spd–top4-6.html

 

Das ist der Text meiner Rede (das vollständige Wortprotokoll finden Sie hier):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der FDP spricht mit dem Fachkräftemangel ein wichtiges Thema an, allerdings recht allgemein. Als Lösung schlägt die FDP eine Stärkung der Aufstiegsfortbildung vor. Der Fachkräftemangel hat aber viele Ursachen, und ihn zu bekämpfen, erfordert entsprechend viele und verschiedene Maßnahmen. Dabei ist es sinnvoll, an der Wurzel des Problems anzusetzen: Diese liegt in den fehlenden Ausbildungsplätzen. Auch dieses Jahr gab es in Berlin wieder zu wenig Ausbildungsplätze. Das ist eine der Hauptursachen für den Fachkräftemangel: Es wird zu wenig ausgebildet. Zudem entscheiden sich zu wenige Jugendliche für eine duale Ausbildung. Das sollte in diesem Zusammenhang nicht unter den Tisch fallen. Denn dem Fachkräftemangel begegnet man nicht in erster Linie mit der Förderung von Aufstiegsqualifizierung. Ein potenzieller Meister ist bereits Geselle – und damit eine Fachkraft. Wir müssen vor allen Dingen dafür sorgen, dass wir die Leute in Ausbildung bekommen, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen.

Dem Anliegen der FDP, die berufliche Bildung mit der Hochschulbildung gleichzusetzen, stimme ich aber zu. Ich begrüße das generelle Ansinnen, die Meisterfortbildung finanziell zu erleichtern, allerdings nicht, weil ich das für den Königsweg gegen den Fachkräftemangel halte, sondern deshalb, weil ich es für eine staatliche Aufgabe halte, Bildung von der Kita über die Schule, die Ausbildung, das Studium und die Meisterfortbildung kostenfrei zu gestalten. Das schließt die berufliche Bildung ausdrücklich mit ein. Diese hat einen höheren Stellenwert verdient.

Eine stärkere finanzielle Förderung oder Unterstützung kann die Aufstiegsqualifikation natürlich attraktiver machen. Ich denke, wir sind bereits auf einem guten Weg, dem Anspruch der kostenfreien Bildung gerecht zu werden. In der Kita und in der Universität funktioniert das schon sehr gut, und auch bei der Aufstiegsqualifikation unterstützen bereits diverse Förderinstrumente wie das Aufstiegs-BAföG oder die Meistergründungsprämie, die es in Berlin gibt, die Bildungsanstrengungen vieler, vieler Menschen in dieser Stadt.

Übrigens: Die Fördersätze des Aufstiegs-BAföG wurden im Rahmen der letzten BAföG-Reform zum 1. August erhöht. Dafür hatten wir uns starkgemacht. Weitere Verbesserungen werden gerade im Hause und im Bundesministerium für Bildung und Forschung vorbereitet; diese werden im nächsten Jahr kommen. Damit setzt die Bundesregierung eine zentrale Forderung der SPD um. Genau hier müssen wir auch ansetzen, liebe FDP! Denn zur Wahrheit gehört: Die wirklich hohen Kosten in der Qualifizierung sind die Lehrgangs- und nicht die Prüfungsgebühren. So betragen die Prüfungsgebühren 740 Euro, aber gleichzeitig muss beispielsweise ein angehender Elektrotechnikmeister etwa 7 100 Euro für einen Vorbereitungskurs zahlen. Um hier zu entlasten, muss man beim Aufstiegs-BAföG ansetzen und diese Regelungen noch weiter verbessern oder vielleicht über eine Meisterprämie statt einer Meistergründungsprämie diskutieren, also die vorhandenen Förderinstrumente stärken – auch, um nicht in die Gefahr der Mehrfachförderung zu geraten.

Neben den Gebühren ist die fehlende Zeit ein sehr, sehr großes Problem: die fehlende Zeit für Weiterbildungswillige. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen lassen ihre Leute in den konjunkturell guten Zeiten nicht unbedingt zurück an die Schulbank. Die Auftragsbücher vieler Unternehmen sind voll und müssen abgearbeitet werden. Da wird einfach jede Hand gebraucht. Das wird aber ohne Frage langfristig zu einem Problem. Bis 2030 werden zahlreiche Angestellte in Rente gehen, und dann stehen in den Betrieben nicht ausreichend qualifizierte Nachfolger und auch zu wenig Ausbilder zur Verfügung. Deshalb muss Weiterbildung in der gesamten Gesellschaft einen hohen Stellenwert erhalten. Die SPD will auch deswegen bundesweit ein Recht auf Weiterbildung etablieren. Nur so können sich Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gerade auch in den tarifungebundenen Unternehmen in ihrem Wunsch auf Weiterbildung gegenüber ihrem Arbeitgeber emanzipieren. Zurück zum vorliegenden Antrag: Neben den eben genannten generellen Einwänden stören mich drei Punkte: Erstens bleibt mir der Antrag zu oberflächlich. Was heißt denn, der Senat soll von den Kosten entlasten? Soll der Senat die Gebühren übernehmen? Oder soll er auf die Handwerkskammer einwirken, die Gebühren nicht mehr zu erheben? Was genau stellen Sie sich hier vor? – Zweitens: Die so entstehenden Kosten werden von der FDP nicht weiter beziffert. Drittens geht es Ihnen hier ausschließlich um die Meisterprüfungen. Offen bleibt jedoch, was mit anderen Fortbildungsprüfungen passieren soll, etwa derjenigen zum Betriebswirt oder zum Gebäudeenergieberater. Sie sehen also, dass noch viele Fragen offen sind. Diese zu klären, ist eine wichtige und auch lohnende Aufgabe, an der wir uns gerne beteiligen. – Vielen Dank!

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