Die Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen liegt mir besonders am Herzen. Deshalb freue ich mich besonders, dass wir mit unserem Antrag zur Schaffung eines Modellprojekts für einen allgemeinen mobilen Kinderarztbereitschaftsdienst einen weiteren Baustein für eine bessere Versorgung von Kinder und Jugendlichen auf den Weg bringen konnten. In meiner Rede dazu habe ich deutlich gemacht, dass wir künftig auch mehr Nutzung der Möglichkeiten von Telemedizin wollen. Videosprechstunden können dabei helfen, die Kinderrettungsstellen und Kindernotdienstpraxen zu entlasten, damit die Versorgung aller Kinder und Jugendlichen auch außerhalb der Praxisöffnungszeiten gewährleistet werden kann.
Hier meine Rede im Video:
Und hier meine Rede im Wortlaut:
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Wir wollen die gesundheitliche Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Berlin in vielerlei Hinsicht deutlich verbessern. Die Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen soll stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Das wird schon in unserem Koalitionsvertrag deutlich. Ich freue mich, dass erste Umsetzungsschritte gemacht sind.
So ist der Runde Tisch Kindergesundheit etabliert worden und hat sich gestern zum ersten Mal getroffen. So können die vielen Bedarfe in den unterschiedlichen Bereichen der Kindergesundheit beraten und konkrete Probleme in der Versorgung in Berlin gelöst werden. Dazu bringen wir heute einen zweiten Baustein für die bedarfsgerechte, adäquate medizinische Versorgung von Kindern auf den Weg. Wir wollen, dass der Senat ein Konzept für ein Modellprojekt für einen allgemeinen mobilen Kinderarztbereitschaftsdienst erarbeitet und dabei auch die Möglichkeiten der Telemedizin mit einbezieht. Ein Kinderarztbereitschaftsdienst kann ein Schritt sein, um zum einen die angespannte Situation in den Kinderrettungsstellen und Kindernotdienstpraxen zu entschärfen, zum anderen aber auch, um den ärztlichen Bereitschaftsdienst der KV zu entlasten. Dass wir in den Kinderrettungsstellen und Kindernotdienstpraxen eine Entlastung brauchen, darauf haben uns Berliner Medizinerinnen und Mediziner in den letzten Monaten wiederholt in diversen Brandbriefen aufmerksam gemacht.
Auch bei niedergelassenen Kinderärztinnen und -ärzten ist die Situation angespannt. Viele sind überlastet, insbesondere in den Wintermonaten. Dazu kommt, dass aufgrund dieser hohen Auslastung der Kinderarztpraxen Eltern in Berlin in vielen Bezirken Probleme haben, überhaupt Kinderärztinnen und -ärzte für die Regelversorgung zu finden, und damit gar keinen Ansprechpartner mehr haben. Eltern haben aber den berechtigten Anspruch, auch jenseits der bekannten Öffnungszeiten von Arztpraxen, Kinderärzte, also die wirklich passenden Spezialisten, zu konsultieren, wenn ihre Kinder erkranken. Kinder sind medizinisch betrachtet eben nicht einfach kleine Erwachsene. Sie brauchen eine spezielle Behandlung und eine angepasste Versorgung.
Wenn wir nicht wollen, dass Eltern insbesondere am Wochenende und abends die Kinderrettungsstellen und Notdienstpraxen überlaufen, muss es passende Alternativen geben. Ein mobiler, kinderärztlicher Bereitschaftsdienst kann hier eine Möglichkeit sein, also ein Kinderarzt, der, wenn die medizinische Behandlung nicht bis morgen warten kann, nach Hause kommt, genau wie es eben der ärztliche Bereitschaftsdienst der KV ist.
Bei bestimmten Erkrankungen wie beispielsweise einem fiebernden Kind oder einer akuten Infektion mit Schmerzen könnte dies eine sinnvolle Alternative zum Besuch einer Rettungsstelle oder einer Notarztpraxis sein. Privatärztlich, also für Privatpatienten oder als Selbstzahlerleistung, gibt es im Übrigen einen mobilen Kinderarztnotdienst, wir möchten aber, dass es solch ein Angebot für alle Familien gibt und hier zumindest mal geprüft wird, wie das realisierbar sein könnte.
Dazu kommt, gerade die Unterscheidung zwischen echtem Notfall und normaler Erkrankung ist für Eltern oft schwierig. Eltern sind unsicher und fahren im Zweifel eher in die Rettungsstelle, als das Wochenende abzuwarten, wenn ihnen keine Fachstelle für Fragen, Beratung und gegebenenfalls auch Behandlung zur Verfügung steht und sie ein krankes Kind zu Hause haben. An dieser Stelle könnten außerhalb der Praxisöffnungszeiten von Kinderärzten durchgeführte Videosprechstunden mit einer Ersteinschätzung eine sinnvolle Ergänzung sein und bei den Eltern für Sicherheit und in den Notdienstpraxen für Entlastung sorgen. Andere Städte sind da im Übrigen tatsächlich innovativer als Berlin, was die mobile Behandlung von Kindern an geht. So gibt es zum Beispiel in München bereits seit 30 Jahren einen Kindernotarztdienst, der mit spezialisiertem Personal 24/7 für Kindernotfälle zur Verfügung steht. Auch Tübingen bietet seit 2020 bei Kindernotfällen eine mobile Behandlung durch Spezialisten an. Die KV Nordrhein und KV Hamburg haben als Lehre aus der Überlastung der Kinderarztpraxen und Rettungsstellen in den Wintermonaten ein Angebot von Videosprechstunden außerhalb der Arztpraxenöffnungszeiten geschaffen, das sehr gut angenommen wird. Man wählt die 116/117 und wird dann aber zur Kinderarztvideosprechstunde weitervermittelt. Damit wurde kurzfristig auf die besonderen Belastungen im Gesundheitssystem mit einer konkreten Verbesserung der Versorgung reagiert, und das würde ich mir auch in Berlin wünschen.
Wir müssen dem großen Bedarf an kinderärztlicher Versorgung außerhalb der gängigen Praxisöffnungszeiten gerecht werden. Wir müssen Patientenströme besser kanalisieren und das vorhandene Personal in Zeiten des Fachkräftemangels klug einsetzen. Es reicht mir aber nicht, pauschal zu sagen: Ach, das geht sowieso nicht, und wir lassen das jetzt halt so, wie es ist. – Der Senat ist nun gefordert, ein für Berlin passendes Konzept zu entwickeln und bei der Erarbeitung selbstverständlich die KV Berlin und weitere Akteure einzubeziehen. Dabei soll geprüft werden, was für Berlin notwendig, sinnvoll und machbar ist, wobei auch die Möglichkeiten der Telemedizin berücksichtigt werden, denn wie bei Modellprojekten anderer KVen deutlich wurde, kann auch mit einer Videosprechstunde außerhalb der Praxisöffnungszeiten ein sinnvolles, ergänzendes Angebot geschaffen werden, das zur Entlassung beiträgt. – Vielen Dank!